Interview mit Bonita und Wolfang Grupp Junior
Erben des deutschen Textil- und Bekleidungsherstellers Trigema.
Seit dem Jahr 1919 stellt Trigema Textilprodukte im großen Stil im schwäbischen Burladingen her und machte im Jahr 2021 einen Umsatz von 113 Millionen Euro. Bekannt wurde Trigema vor allem durch Wolfgang Grupp Senior, der das Unternehmen bis heute führt und sehr bekannt für seine Reden und politischen Statements ist. Ab Ende 2023 wird Wolfgang Grupp Senior sein Amt an die nächste Generation abgeben. Die Ace25 Marketingagentur bekam die exklusive Möglichkeit Bonita und Wolfgang Junior zu interviewen. Dabei ging es vor allem um den Einsatz und die Wichtigkeit von Social Media für das Unternehmen.
von links nach rechts: Teo Simeonov, Bonita Grupp, Sebastian Ruopp und Wolfgang Grupp Junior
#1
Welcher Spruch prägt Deine Arbeit?
Wolfgang Junior: Also, wir nennen uns hier auch die Marke mit Verantwortung und nachhaltiger Qualität „Made in Germany“, und ich glaube, das prägt uns in vielen Dingen. Verantwortung endet nicht beim Produkt, sondern umschließt auch die Arbeitsbedingungen, die Umwelt und den Umkreis. Ich glaube, das prägt uns, und das sind unsere Leitprinzipien: Dass wir für alles was wir tun Verantwortung übernehmen und nachhaltige Qualität hier „Made in Germany“ produzieren.
#2
Wer seid Ihr und welche Stationen habt Ihr durchlaufen?
Bonita: Ich bin seit 10 Jahren aktiv im Unternehmen. Davor bin ich natürlich als Teil der Familie schon immer eng dabei gewesen und habe alles mitbekommen. Ich war zunächst auf einem Internat in der Schweiz und habe in London studiert. Insgesamt habe ich 5 Jahre in London gelebt, davon 4 Jahre studiert – Bachelor & Master. Anschließend habe ich noch ein Jahr dort gearbeitet und bin dann ins Unternehmen gekommen.
Wolfgang Junior: Ich bin nach dem Studium direkt in die Firma eingestiegen. Anfangs war ich hier 1 Jahr im Einkauf und habe dann in den Verkauf gewechselt und seitdem arbeite ich bei uns im Geschäftskundenverkauf, wo wir B2B-Kunden betreuen. Wir verkaufen T-Shirts und Poloshirts mit Logo als Arbeitskleidung für Unternehmen und ich bin außerdem für den Bereich IT verantwortlich. Das mache ich seit Anfang 2014.
Ace25: Das heißt, die knallharten Verhandlungen macht man mit dir?
Wolfgang Junior: Ja im Verkauf kann es sein, dass ich die Verhandlungen führe. Jedoch haben wir eine sehr transparente Preisgestaltung und deshalb halten sich Verhandlungen in Grenzen.
#3
Trigema und die Sozialen Medien: Welche Rolle spielen TikTok und Co. für die Bekanntheit des Unternehmens?
Bonita: Soziale Medien sind für uns ein sehr großer Bereich. Wir haben eine Abteilung, die sich ausschließlich um diesen Bereich kümmert. Mittlerweile haben sich mehrere Kanäle entwickelt. Facebook war unser erster Kanal, auf dem wir knapp 15.000 Follower haben. Es gab dort eine Zeit mit viel Wachstum, aber aktuell ist es eher gesättigt. Vom Altersprofil her hat sich das Publikum in die höheren Altersgruppen verlagert. Dennoch haben wir immer noch viele Fans dort.
Im Laufe der letzten Jahre haben wir außerdem Instagram aufgebaut. Hier fiel es uns schwer, eine große Anhängerschaft aufzubauen. Dieses Jahr haben wir jedoch durch verschiedene Kooperationen, wie zum Beispiel mit LFDY, ein bisschen Auftrieb auf Instagram bekommen.
Seit letzten Jahr nutzen wir auch verstärkt TikTok. Wir versuchen auch dort viel Material einzuspielen und diesen Bereich wollen wir in nächster Zeit weiter ausbauen. Dabei gibt es auch viele Videos von Externen, die ohne unseren Einfluss Interview Schnipsel von meinem Vater zusammenschneiden und damit unglaublich viele Aufrufe generieren.
Auch LinkedIn wird für uns immer wichtiger. Hier haben wir mittlerweile 20.000 Follower aufgebaut. Während der Corona-Pandemie haben wir den Fokus stark auf den B2B-Bereich gelegt, da wir nicht mehr an Messen teilnehmen konnten.
Wir nutzen Social Media hauptsächlich, um zu zeigen, was Trigema ausmacht. Dabei geht es nicht primär um die Mode, sondern wenn jemand ein Teil kauft, möchten wir zeigen, was dahintersteckt und wie die Prozesse in der Firma ablaufen.
#4
Wolfgang Grupp Senior sorgt bei Trigema öffentlichkeitswirksam für eine sehr hohe Bekanntheit und Reichweite: Wie soll dies in Zukunft, nachdem Herr Grupp in Rente ist, kompensiert werden? Und sind die Sozialen Medien ein Mittel hierfür?
Wolfgang Junior: Ihr habt definitiv recht, unser Vater ist sicherlich unser größtes Aushängeschild im Marketing. Durch seine Aussagen, hinter denen wir auch voll stehen, hat er besonders in letzter Zeit auf YouTube und TikTok eine sehr große Reichweite erlangt. Dies zeigt, welches Potenzial die Sozialen Medien haben. Die Kompensation wird sicherlich eine große Aufgabe in den nächsten Jahren sein. Wir müssen einen Weg finden, wie wir unser Marketing neu definieren. Was er über mehr als 50 Jahre aufgebaut hat, basiert auf seiner Lebensgeschichte und seinen wiederholten Interviews, aus denen kurze Ausschnitte genommen wurden. Das kann man nicht von heute auf morgen übernehmen, weder meine Schwester noch ich. Er hat sich einen bestimmten Status erarbeitet.
Wir müssen sehr vorsichtig sein und darüber nachdenken, wie wir ein anderes Marketing einführen können. Das wird sicherlich eine große Herausforderung. Wir haben das Glück, dass uns das noch eine Weile tragen wird, aber es wäre falsch zu sagen, dass wir uns langfristig nur darauf verlassen können. Deshalb suchen wir ständig nach neuen Möglichkeiten im Marketing und versuchen, uns nicht von einer einzelnen Person abhängig zu machen.
Bonita: Ein gutes Beispiel ist hier Adidas mit der Kooperation mit Kanye West und den Yeezys. Adidas hat in den letzten Monaten gemerkt, wie gefährlich es sein kann, sich zu sehr auf eine Person zu stützen. Das hat ihnen Probleme bereitet. Das wollen wir vermeiden.
#5
Wie wichtig sind Kollaborationen mit bekannten Marken wie LFDY, um die Präsenz von Trigema in den Sozialen Medien zu stärken?
Wolfgang Junior: Wir sehen die Kooperation mit LFDY aktuell als sehr positiv an. Ich glaube, wenn wir gute Kooperationspartner finden, werden wir auch in Zukunft solche Partnerschaften eingehen. Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir es nicht übertreiben. Die Zusammenarbeit muss gut passen und man muss eine gute Geschichte erzählen können. Die Unternehmensgeschichte und -werte von LFDY passen gut zu unseren eigenen.
Durch die Sozialen Medien können wir die Geschichte hinter einer Kooperation unglaublich gut und sehr spannend durch Bilder und Videos kommunizieren. Wenn man unsere Marketinggeschichte betrachtet, hat mein Vater mit Trikotwerbung begonnen. Anfangs war auf den Trikots nur der Trigema-Schriftzug zu sehen und damals gab es noch kein Internet, in dem man nachschauen kann, was Trigema ist. Man hat lediglich den Namen verbreitet, ohne zu wissen, ob wir ein Textilunternehmen oder etwas anderes sind. Daher ist mein Vater in die Fernsehwerbung gegangen, weil man hier auch Botschaften und somit mehr Inhalt bringen konnte. Mit den Sozialen Medien haben wir jetzt noch mehr Möglichkeiten, durch längere Videos ohne Einschränkungen noch besser Geschichten zu erzählen. Diese Chance müssen wir nutzen, um unsere Werte zu präsentieren. Genau das ist in der Zusammenarbeit wichtig, um die Werte gemeinsam voranzutreiben.
#6
100% Made in Germany: Hierfür werden viele Mitarbeiter benötigt. Woher kommen die Fachkräfte und wie wichtig ist Social Media hierfür?
Bonita: Gerade in unserer Konfektionsabteilung, also beim Nähen, ist es sehr schwierig, da wir die Mitarbeiter in der Regel selbst vollständig ausbilden müssen. Der Beruf des Nähers existiert in dieser Form in Deutschland einfach nicht mehr. In diesem Bereich haben wir auch einige Geflüchtete eingestellt, so dass der Anteil der männlichen Näher mittlerweile ca. 10% beträgt. Während der Flüchtlingswelle 2015-2016 haben uns über die Soziale Medien viele Menschen kontaktiert, die Geflüchtete betreuen, die sehr gut nähen können. So konnten wir viele Mitarbeiter gewinnen.
Ansonsten versuchen wir, über soziale Netzwerke auf offene Stellen aufmerksam zu machen. Da wir jedoch nicht in einer Stadt ansässig sind, gestaltet sich das als Herausforderung. Daher sind unsere Stellenanzeigen oft regional begrenzt. Soziale Medien nutzen wir außerdem, um die Berufsbilder, die nur noch selten in Deutschland vertreten sind , zu präsentieren, zum Beispiel den Produktveredler. Viele Menschen können sich darunter nichts mehr vorstellen, und wir können zeigen, was diesen Beruf ausmacht.