Interview mit Stefan Wolf
Ex-CEO der ElringKlinger AG & Präsident von Gesamtmetall.
Der Unternehmer Stefan Wolf ist ein prominenter deutscher Manager und seit 2021 Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Bekannt wurde Stefan Wolf durch seinen Posten als Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG (bis 2023), einem weltweit agierenden Automobilzulieferer mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. Heute ist Stefan Wolf bei der internationalen Beratungsfirma Horváth tätig.
von links nach rechts: Teo Simeonov, Stefan Wolf & Sebastian Ruopp
#1
Welcher Spruch prägt Deine Arbeit?
Für mich sind Verlässlichkeit, Zielstrebigkeit, aber auch Empathie von großer Bedeutung. Es war mir immer wichtig, und das ist vielleicht auch der Leitspruch, wenn man die Menschen mitnimmt und für seine Ideen begeistert, dann wird man selbst und dann wird auch die Firma erfolgreich sein. Das heißt nicht, dass man immer die absolut richtigen Ideen und Vorstellungen hat, man muss auch konstruktive Kritik annehmen. Aber wenn du Menschen in deinem Unternehmen nicht für deine Ziele, Vorstellungen und auch Ideen begeisterst, wirst du sie nicht zu 100 % erreichen und wirst auch nicht wirklich erfolgreich sein.
#2
Wer ist Stefan Wolf? Über 17 Jahre CEO - Wie hat das Dein Leben geprägt?
Das hat mich schon sehr stark geprägt. Ich habe über 17 Jahre fast 24 Stunden am Tag, gut man schläft auch ein bisschen, alles gegeben. Das hat mich herausgefordert, aber auch geformt. Man lernt, Kompromisse einzugehen und Dinge nach vorne zu bringen. Das ist schon ein Lernprozess.
Ich wollte ursprünglich mal was ganz anderes machen. Ich habe ja 5 Jahre in einer großen Anwaltskanzlei in Stuttgart gearbeitet. Ich hatte ursprünglich mit 15 beschlossen, ich mache eine Banklehre, studiere dann Jura und gehe dann in den diplomatischen Dienst. Ich war dann in den letzten 3 Monaten meines Referendariats wirklich für 3 Monate in der deutschen Botschaft in Madrid. Das hat mich komplett desillusioniert. Dann habe ich gesagt, dass ich das nicht mehr machen möchte. Als Botschafter ist man heutzutage eigentlich nur noch für Kleinigkeiten zuständig. Mein neues Ziel, da war ich dann Mitte 20, war es, Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Unternehmens zu werden. Ich habe mir immer klare Ziele vorgenommen, stark darauf hingearbeitet, und meist hat das dann auch so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe.
Bei so einem Lebenslauf gehört, aber natürlich auch immer ein Quäntchen Glück dazu und eine Person, die einen unterstützt und auch fördert. Ohne das funktioniert das meistens nicht.
Ich hatte bei ElringKlinger das Glück, dass ich einen sehr guten Draht zur Hauptaktionärsfamilie hatte und wir auch persönlich eine gute Beziehung aufgebaut hatten. Diese persönliche Beziehung, das war schon ein Stück Glück, welches nachher bei der Entscheidung, wer das Unternehmen übernimmt, sicherlich auch eine Rolle gespielt hat.
#3
Was möchtest Du noch erreichen?
Seit Ende März bin ich bei der Managementberatung Horváth. Ich finde es sehr spannend, jetzt in eine Beraterrolle zu gehen. Ich habe das Ziel, zu dem Wachstum, was sich Horváth vorgenommen hat, beizutragen. Natürlich auch über meine Kontakte in der Industrie, die ich in meiner Zeit bei ElringKlinger gewonnen habe. Was für mich ein wichtiges Ziel ist: Wir sehen gerade unglaublich viel Transformation in der Industrie: Von künstlicher Intelligenz bis hin zum Thema Nachhaltigkeit. Das wird zu vielen massiven Veränderungen in der Industrie führen, und da habe ich schon recht viel gemacht bei ElringKlinger in der Praxis mit Batterietechnologie und Brennstoffzelle. Das war die Transformation eines Zulieferers. Diese Kenntnisse und dieser Wissensschatz, den ich mir hier über 17 Jahre aufbauen konnte, möchte ich anderen Unternehmen zur Verfügung stellen und auch anderen Unternehmen bei der Transformation helfen. Das ist eigentlich mein Ziel für die nächsten Jahre.
Ich kenne die Prozesse, aber auch die Probleme, zum Beispiel mit Mitarbeitern. Die muss man nämlich auch mitnehmen in so einem Transformationsprozess. Und eben diesen Wissensschatz dann auch auf andere Unternehmen zu übertragen, halte ich für sehr spannend.
#4
Welche Rolle hat Marketing in deinem Berufsalltag gespielt?
Eine extrem große Rolle. Sowohl internes als auch externes Marketing. Mir war es immer sehr wichtig, meine Mitarbeiter mitzunehmen und transparent aufzuzeigen, was im Unternehmen passiert und welche Richtung wir einschlagen. Ich habe beispielsweise die Mitarbeiterzeitschrift Move eingeführt. Hier konnten wichtige Botschaften transportiert werden und auch einzelne Landesgesellschaften, die zum Teil wirklich großartige Sachen gemacht haben, hatten die Möglichkeit, hier ihre Neuigkeiten zu publizieren und auch anderen Werken zu zeigen, was für tolle Ideen sie hatten. Kommunikation ist auch der Transport von Ideen, um Denkanstöße zu geben. Neben der Move habe ich selbst auch viel mithilfe von Videos zu den Mitarbeitern gesprochen, zum Teil auch in der Landessprache von Tochtergesellschaften.
Ganz wichtig neben der internen Kommunikation war für mich auch die Kapitalmarktkommunikation. Die ElringKlinger AG ist eine börsennotierte AG, und Teil der Stellenbeschreibung eines CEOs ist auch die Kommunikation nach außen zu betreiben, am Kapitalmarkt aber auch insgesamt in die Öffentlichkeit. Um das Unternehmen bekannter zu machen und auch um die Botschaften des Unternehmens zu transportieren. Das waren manchmal 40-50 % meiner Arbeitszeit, diese Kommunikation nach außen und an den Kapitalmarkt.
Der Bereich Unternehmenskommunikation an sich war mir während meiner Zeit sehr wichtig. Als ich ins Unternehmen kam, hatte die Abteilung vielleicht ein Drittel der Mitarbeiter, die die Abteilung heute hat. Wir waren auf unglaublich vielen Messen, haben das Logo neu gemacht und haben sehr viel getan, um nach außen bekannter zu werden. Was mir da schon geholfen hat, ist dass ich als Vorsitzender von Südwestmetall immer wieder für die Tagesschau oder Ähnliches angefragt wurde, und da wurde die Firma natürlich auch immer mitgenannt.
Wir haben viele Marketinginstrumente eingesetzt. Viele Messen, viele Anzeigen in Fachpublikationen und daraus haben wir eine Strategie gemacht, wie wir uns hier positionieren. Die Farben vereinheitlicht, den Auftritt vereinheitlicht, ich wollte, dass hier ein größerer Wiedererkennungseffekt da ist. Das hat mir schon viel Spaß gemacht, auch die Gestaltung von Messeständen und Co. Man braucht immer jemanden, der das auch umsetzt, und da gibt es dann auch entsprechende Profis.
Ich denke, mir ist es sehr gut gelungen, den Bekanntheitsgrad von ElringKlinger massiv zu steigern.
#5
Nutzen große Unternehmen noch zu wenig digitale Marketingmittel?
Ja, absolut. Da gibt es noch richtig viel Potenzial. Man muss ja sehen: Die Generation ab Ende der 2010er bis Mitte 30-Jährige haben ja ein ganz anderes Verhältnis zu Social Media als jetzt ich beispielsweise mit 62, obwohl ich auch recht aktiv bin. Ich habe da einen ganz guten Einblick. Ich habe eine Tochter, sie ist 25, und sie ist natürlich sehr viel auf Social Media unterwegs. Insofern ist da noch enormes Potenzial da, und viele Firmen nutzen dieses Potenzial nicht, wie sie eigentlich könnten. Wenn man gerade an diese Gruppe von jungen Menschen denkt, wenn man die erreichen will, führt kein Weg daran vorbei, noch mehr und viel mehr im Bereich Social Media zu machen.
#6
Verheiratet mit einem Musicalstar: Wie sieht Marketing in der Musicalszene aus?
In der Unterhaltungs- und Musicalbranche kommt es sehr auf den Bekanntheitsgrad an. Je bekannter man ist – der Rest muss natürlich passen, also Stimme, Schauspielerfähigkeiten und Co. – desto bessere Engagements bekommt man. Das hängt dann auch von der Vermarktung der Person ab. Die Branche ist extrem stark publikumsbezogen. Da musst du Marketing ohne Ende machen. Kevin hat zum Beispiel früher immer Kalender gemacht, und da wurden auch viele verkauft. Oder beispielsweise Tassen, Regenschirme, alles Mögliche an Merchandising.
Ein Teil des Marketings, was mich total überrascht hat, ist, dass die ganz alte klassische Autogrammkarte immer noch total gefragt ist. Nach den Konzerten stehen oft ein paar Hundert Leute am Bühneneingang und wollen eine klassische gedruckte Autogrammkarte. Noch immer ein sehr wichtiges Marketinginstrument. Aber klar, braucht man heute auch eine entsprechende Social Media Präsenz. Da läuft heute sehr viel drüber.